Putin erklärt der Menschheit den Krieg – und die tut, als ginge es nur um die Ukraine
Es ist zum Verrücktwerden! Hat die Menschheit nichts gelernt im letzten Jahrhundert? Müssen wir wieder zusehen, wie Menschen ermordet und ihre Häuser und Infrastrukturen vernichtet werden, solange der Aggressor sich auf ein Land beschränkt? Wie nach Hitlers Angriff auf Polen 1939? Ein halbes Jahr später ist er in Holland, Belgien, Frankreich und anderen Ländern einmarschiert. Wie lange warten wir diesmal? Müssen die Ukrainer die tödliche Lehre der Syrer und Tschetschenen noch einmal machen? Ist unsere Angst zu groß, um einzugreifen?
(Bilder: Fotos von Nachrichtensendungen am Bildschirm)

Präsident Wolodymyr Selenskyj beschämt die ganze Welt mit seinem Mut und seinem Vorbild. Und die Welt postet Likes als Dank und teilt großzügig seine Videos. Wie oft hatte die Ukraine um die Aufnahme in die EU gebeten? Seit mehr als zehn Jahren wurde dieser Wunsch von den Regierungen im gesamten Westen zurückgewiesen. Dasselbe bezüglich der NATO-Aufnahme. Das gibt dem Westen jetzt die bequeme Möglichkeit, sich herauszuhalten. Ja, wenn sie zur NATO gehörten, dann —!
Pech gehabt, Mütter, Frauen, Kinder, Kranke, Greise und Vorbildpolitiker. Wir haben leider eine andere Art von Politikern. Die machen lieber nichts, was gefährlich werden und bei der nächsten Wahl Stimmen kosten könnte. Und falls sich später herausstellt, dass das Nichtstun ein Verbrechen war, dann richten sie einen Untersuchungsausschuss ein, der über Jahre tagt und zu keinem Ergebnis kommt und niemandem weh tut. Das ist leider unsere freie, westliche Welt.
Annalena Baerbock hat es trotz all ihrer Schwächen und Fehler ins Amt der Außenministerin geschafft. Den Namen des letzten Ministers habe ich schon vergessen. Aber auch Baerbock entscheidet sich nicht für in Moskau wirklich spürbare Sanktionen und setzt sich nicht für ein Flugverbot ein.
Wahrscheinlich tut sie damit genau das, was ihre Wählerinnen und Wähler erwarten. Die Hauptsache ist, unser Land aus dem Dreck des Krieges herauszuhalten.
Natürlich haben wir alle Angst, was noch kommen kann. Natürlich will niemand freiwillig eine Ausweitung des Krieges. Aber können wir es verantworten, auf Putins Drohung hin das Flugverbot zur Seite zu legen? Wann genau wäre der richtige Zeitpunkt dafür, wenn nicht jetzt?
Beim Swift-Ausschluss durch die EU wurde der Eindruck erweckt, es gehe gegen den Großteil der russischen Banken. Die FAZ stellte letzte Woche klar, dass die wichtigsten Banken wie die Sberbank gar nicht betroffen sind. Und wie viele hundert Millionen Euros gehen jeden Tag aus unseren Kassen für Begleichung der Gas- und Öllieferungen, aber defacto zur Finanzierung des Angriffskrieges nach Moskau? Röttgen sagt, fast eine Milliarde.

Das geht auch nicht anders, sagt Robert Habeck. Sonst könnte es sein, dass wir bei unserer Abhängigkeit von Moskau bald im Dunkeln sitzen. Die Drohung vor dem Sitzen im Dunkeln war früher das Argument der Kernkraftbefürworter auch gegen die Grünen. Es macht den Eindruck, als nutzte der Kanzler die Grünen im Kabinett, um einigermaßen plausible Begründungen für das Zu-wenig-Tun der Regierung zu liefern.
Und der Regierungschef Kanzler Olaf Scholz selbst? Ist nicht einmal in der Lage, seinen Freund Gerhard Schröder zum Spurwechsel zu bewegen. Was für ein jämmerlicher Kanzler und was für ein verachtungswürdiger Exkanzler. „Putin ist ein lupenreiner Demokrat.“ Diese ungeheuerliche Lüge wird der von Putin Bestochene noch mit ins Grab nehmen. Zurücknehmen wird er sie nicht einmal, wenn die Zahlen der Getöteten in der Ukraine ins Unermessliche steigen.
Aber was beklage ich mich. Ist nicht alles toll? Putin hat den Westen doch angeblich zusammengeschweißt wie nie. Alle sind sich endlich mal einig. Parteiübergreifende Sanktionen und endlich, endlich ein 100 Milliarden-Etat für die Bundeswehr. Ist das nicht toll? Warum freue ich mich nicht, wenn der Wendehals Markus Söder und seine Ilse Aigner neben Katharina Schulze auf der Bühne am Königsplatz stehen und anscheinend eine Münchner Demonstration gegen den Ukraine-Krieg Putins anführen?

Ich habe für Waffen gespendet. Geld, mit dem sich die Ukraine Waffen kaufen kann. Es gibt eine Adresse der ukrainischen Nationalbank, bei der man online für Waffen spenden kann: NBU Opens Special Account to Raise Funds for Ukraine’s Armed Forces
Aber noch wichtiger: Über die Ukraine braucht es jetzt sofort ein Flugverbot! Das ist das einzige Mittel, das Putins Bomber und Raketenwerfer bremsen könnte. Die Angst, dass jeder Flug eines Bombers zu einem Abschuss führen könnte. Dass es ihm nicht gelingt, die Ukrainer aus ihrem Land zu vertreiben und den Rest zu unterwerfen. Es wird wohl nicht kommen. Unsere Angst, selbst angegriffen zu werden, ist zu groß.
Ich glaube übrigens, dass Putin mit diesem Krieg seine letzte Schlacht eingeläutet hat. Wer sich mal anschauen will, wo er herkommt und wie er seinen Aufstieg aus dem sowjetischen KGB bis auf den Imperatorstuhl geschafft hat, der findet im ZDF drei 45 Minuten lange Dokus, die das wirklich erklären. Danach weiß man, dass er es jetzt übertrieben hat. Dass es um ihn so einsam ist, wie es wahrscheinlich um Caesar war, kurz bevor man ihn aus dem Weg räumte. Wenn es nur bei diesem schon so weit wäre.
Lieber Herr Sendler,
ich pflichtete Ihrem Wochenschauer „Sofortiges Flugverbot für die Ukraine!“ bei. Ich selbst habe über die Deutsche Bundesbank an die National Bank of Ukraine 1000 € für den Kauf von Waffen überwiesen.
Wir müssen uns – meine ich – darüber klar werden, was wir wollen.
Der Mensch und seine Freiheit ist oberstes Ziel der Politik und die Wirtschaft hat sich der Politik unterzuordnen. Das bedeutet hier neben dem Flugverbot insbesondere, den Bezug von Gas, Öl und Kohle aus Russland unverzüglich einzustellen. Es Ist unglaublich und durch nichts zu rechtfertigen, dass Deutschland Putins mörderische Kriegsmaschinerie täglich mit 200 Millionen € schmiert.
Das merkelsche Mantra: „Politik bedeutet Kompromisse schließen“ ist hier grundlegend falsch. Mit diesem Glaubenssatz geht oft als erstes die Wahrheit unter. Soll ich mit dem notorischen schamlosen Lügner Putin Kompromisse schließen? Ein Verbrecher, der seit mindestens 15 Jahren beweist, dass er mir und meinen Mitmenschen Schaden will, – kann ich mit dem glaubwürdig Kompromisse schließen?
Möge sich das Wunder „David gegen Goliath“ in der Ukraine wiederholen und damit das Blutvergießen ehrenhaft enden.
Wolfgang Vierling
Lieber Uli,
in der Beurteilung des Aggressors und seiner Methoden bin ich natürlich 100% Deiner Meinung. In der Flugverbotsfrage allerdings ganz und gar nicht.
Die Urkainische Armee darf (und soll) von mir aus so viele russische Flugzeuge und hereinfliegende Raketen abschießen, wie sie nur will und kann. Und das tut sie übrigens auch, denn die russische Luftüberlegenheit ist offenbar weitaus weniger groß als zunächst angenommen. Dafür bekommen Sie auch entsprechende Flugabwehrsysteme von uns und anderen Ländern.
Mit eigenen, von NATO-Staaten abgefeuerten Abwehrraketen oder Kampfflugzeugen unter NATO-Hoheitszeichen dürfen wir aber nicht operieren. Da werden nicht einfach nur russische Flugzeuge abgeschossen, sondern auch die darin sitzenden Piloten getötet. Das käme einer NATO-Kriegserklärung gleich und würde bewirken, dass Putin sofort die Reihen des Militärs und der russischen Bevölkerung schließen kann. Vor einer „Antwort“ mit taktischen Nuklearwaffen auf ukrainischem Gelände würde er dann vermutlich nicht zurückschrecken – und diese Antwort richtet weit, weit mehr Schaden und Opferzahlen an, als es der weitere Verlauf konventionell betriebener Auseinandersetzungen könnte. Von möglichen Eskalationshandlungen von seiten der NATO mal ganz zu schweigen.
Ich weiss, es ist schwer auszuhalten, täglich erschütternde Bilder über das Leid der ukrainischen Zivilbevölkerung anschauen zu müssen. Mich stimmt aber optimistisch, dass die Offensive sehr ins Stocken geraten ist und die Moral der russischen Armee am Boden liegt (als ehemals „Gedienter“ kann ich mich da vielleicht ein wenig besser in die Haut des einfachen russischen Soldaten hineinversetzen als manche andere). Schlachten werden von motivierten Kampfeinheiten gewonnen; Kriege von der dahinterstehenden Logistik. Und da sieht es derzeit für Russland mau aus. Vor allem, wenn man noch zusätzlich die überraschend schnellen Wirkungen der Sanktionen auf die russische Bevölkerung betrachtet. Da brodelt es bereits jetzt mächtig, und jeder weitere Tag wird den Unmut dort steigern. Vor allem, wenn wir uns doch noch zu einem Gas-/Ölimportstopp durchringen sollten.
Es ist vor diesem Hintergrund meiner Meinung nach nur eine Frage weniger Tage bis Wochen, bis Putin auf die Seite geräumt wird und Nachfolgestrukturen irgendwie gesichtswahrend aus der Misere herauskommen wollen, womit auch der Terror für die Zivilbevölkerung endet. Eine aktiv durchgesetzte Flugverbotszone hätte den genau gegengesetzten Effekt.