Das Digitale ist auf dem Vormarsch. Global. Und gleichzeitig erleben wir eine Wiedergeburt von Nationalismus, autoritären Herrschern, Gewalt, Terror und Krieg. Gibt es einen Zusammenhang?
Auch wenn man darüber keine Bücher findet, existiert ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Demokratie und Industrialisierung. Nach einer mehr als 2000-jährigen Pause begannen die modernen Demokratien in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts genau in den Ländern, in denen zur selben Zeit die industrielle Revolution startete. Und vielleicht hat die heutige Abwendung von der Demokratie auch damit zu tun, wie sich gegenwärtig die digitale Transformation der Industrie vollzieht? Mit den Ängsten, die dies weltweit quer durch alle Schichten auslöst? Basierend auf den Fehlern und dem Unverständnis und Unvermögen der verantwortlichen Politiker?
Ich beschäftige mich seit mehr als 30 Jahren mit der Digitalisierung der Industrie. Aber was wir derzeit erleben, ist mehr als die Fortsetzung des Einsatzes von IT-Systemen. Niemand weiß, welche Unternehmen mit welchen Geschäftsmodellen basierend auf welchen Produkten nach diesem Sprung in die digitale Wirtschaft erfolgreich sind. Auch nicht, ob dann die Produktion von Gütern noch den Kern unseres Wirtschaftssystems darstellt. Und dass es ohne Verwerfungen nicht abgehen wird, das ahnt jeder.
Dem Ingenieur ist nichts zu schwör! Im Industriezeitalter brachte das humorvoll zum Ausdruck, dass die Techniker alle technischen Probleme lösen können. Die digitale Technologie aber ist mehr als Technik. Sie kommt uns so nahe wie keine Technologie zuvor. Sie betrifft alles. Unser Leben, unser Arbeiten, unsere Umwelt. Wie die digitale Vernetzung die Gesellschaft verändert, das muss die Gesellschaft bestimmen. Dafür müssen sich alle Bereiche und alle Wissenschaften in den Dialog begeben.
Nur so werden wir auch Wege zu einer Politik finden, die die digitale Gesellschaft verantwortlich gestaltet, statt Entwicklungen hinterher zu hecheln, die nur für einzelne oder kleine Gruppen wirtschaftlichen Nutzen und gesellschaftliche Macht bringen. Auch dabei kann uns die digitale Vernetzung helfen.
Das sind derzeit die Gedanken, die mich umtreiben. Eine erste Ordnung in diesem ausgesprochen komplexen Themenfeld habe ich jetzt in einem Aufsatz in Angriff genommen, der bei Springer im Informatikspektrum erschienen ist.
Mein Plan ist, dem Komplex ein Sachbuch zu widmen. Es soll keine technologischen Lösungen bieten, sondern eine Grundlage sein für die gesellschaftliche, politische und quer durch alle Disziplinen geführte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Zukunft. Wenn sich ein Autor findet, der sich beispielsweise aus einer geisteswissenschaftlichen Richtung mit demselben Problem befasst, würde ich ein gemeinsames Buchprojekt sehr begrüßen.
Lieber Alfred,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich werde ein Buch dazu schreiben. Und dafür komme ich gerne auf Dein Angebot zurück.
Lieben Gruß
Uli
Kommentar von Alfred Katzenbach |
Lieber Uli, das ist ein sehr interessanter Gedanke, der für mich einen völlig neuen Blick auf die aktuellen Veränderungen in der Welt eröffnet.
Seit ich deinen Textbeitrag gelesen habe, lässt mich das Thema nicht mehr los. Ich kann dich nur ermuntern, dort weiter zu denken und verspreche dir gerne, meine Ideen zum Thema mit dir zu teilen.
Viel Erfolg wünscht Alfred