Industriesoftware soll Arbeitsschritte oder ganze Prozesse in der Industrie unterstützen, automatisieren und effizienter machen. Wie das von den Herstellern der Software und deren Entwicklern gemacht wurde, hat die Industrie in den letzten Jahrzehnten kaum interessiert. Welche Algorithmen zum Einsatz kamen, welche Programmiersprache genutzt wurde, je selbst ob die Lösung aus der Cloud kam oder auf dem eigenen Server im Unternehmen lief, war für die Anwender fast zweitrangig. Das ändert sich jetzt.

Die Informationstechnologie hat sich einen so großen Schritt weiterentwickelt, dass die Technologie selbst – zumindest vorübergehend – ins Zentrum des Interesses rückt. Man spricht von Container-Technologie. Statt für ein Betriebssystem oder eine Cloud-Plattform Software zu entwickeln, können heute Lösungen zusammen mit Laufzeitbibliotheken und Daten so gekapselt werden, dass sie in für die bisher üblichen Softwaresysteme unvorstellbar kurzer Zeit beinahe überall laufen. Statt in ein bis eineinhalb Jahren nun in Tagen oder Wochen. Dieses Tempo und die leichte Portierbarkeit sind aber nur zwei einer ganzen Reihe von Gründen, warum die Technologie gerade in den Vordergrund rückt.

Mit Open KI Software Dall-E 2 erzeugte Grafik für die Zusammenarbeit von monolithischer und Container Software.

  • Container sind Cloud-native Software. Sie bringen alle Eigenschaften mit, die wir aus Internet und Cloud kennen und lieben gelernt haben. Sie sind einfach über ein Application Programming Interface (API) ansprechbar und können über ihr API mit anderen Apps und Systemen Daten tauschen und kommunizieren.
  • Entwicklung, Test und Betrieb unterliegen den Regeln des DevOps Ansatzes: ein hochgradig automatisierbarer Prozess, der in Windeseile zu lauffähigen Lösungen und deren Deployment führt und dabei weder andere Software zum Stillstand zwingt noch aufwendige Testumgebungen verlangt.
  • Container sind automatisch skalierende Apps, die genau dann genau die Leistung bringen, die gerade gebraucht wird. Und nur dafür werden sie bezahlt.
  • Für Update oder Programänderung muss kein übergeordnetes System heruntergefahren werden. Es gibt nämlich gar kein übergeordnetes System. Die Software wird automatisch aktiviert, wenn das Update fertig ist.
  • Re-Use von Softwarebausteinen ist bei Container-Technologie ein zentrales Prinzip.

Wo ist das Problem? Warum stürzen sich nicht längst alle IT-Entscheider auf diese Technologie? Weil es in der Tat eine grundsätzlich andere Infrastruktur im Unternehmen braucht. Weil die Entwickler den Umgang damit lernen und ihre Arbeit als Softwareentwickler umstellen müssen. Weil die neuen Möglichkeiten so weitreichend sind, dass sie auch die Organisation des Unternehmens betreffen.

Zusammenwirken von Alt und Neu, von Monolithisch und Composable

Containertechnologie in Form von Composable Software kann man zwar auch kaufen oder einfach zusätzlich nutzen, aber eine Umstellung der Unternehmens-IT muss ein Unternehmen bewusst in Angriff nehmen. Mit Verantwortlichen und Full-Time Jobs, die es möglicherweise derzeit noch nicht gibt. Das kostet in der Tat Zeit und Geld, aber diese Investition lohnt sich mehr, als auf den ersten Blick zu erkennen ist.

Eine Container-App ist nicht nur bezüglich ihrer Lauffähigkeit sondern auch in Bezug auf ihre Funktionalität und Verwendbarkeit unglaublich flexibel und vielseitig. Ihre Cloud-Eigenschaften prädestinieren sie im Übrigen dazu, als Web-basierter Service nach dem Pay-per-Use Geschäftsmodell zu funktionieren. Und ihre Flexibilität im Zusammenwirken mit anderen Apps und Systemen lassen viele Anwendungsmöglichkeiten denkbar werden, die bisher – also auf der Basis von über Schnittstellen verbundenen monolithischen Systemen – völlig ausgeschlossen waren. Etwa, dass eine App zur Analyse und zum Vergleich von Daten aus verschiedenen Anwendungen genutzt wird, die bei der Entwicklung der App nicht einmal bekannt waren.

Der letzte Punkt betrifft eine ganz zentrale Frage von IT in der Industrie: die Möglichkeit der Kombination von alt und neu und damit die Sicherheit, getätigte Investitionen der Vergangenheit nicht wegwerfen zu müssen.

Das Besondere an der Industriesoftware war ja bisher die Vielzahl sehr spezieller Lösungen, die alle monolithisch, also in sich geschlossen, zum Einsatz kommen und nach wie vor sehr gute Dienste tun. Kein technologischer Fortschritt könnte hier greifen, der diese IT-Landschaften abschaffen und ersetzen wollte. Sie müssen unbedingt weiter ihre Zweck erfüllen können. Noch besser wäre freilich, wenn sie ihren Zweck noch besser erfüllen könnten.

Und das ist eben über die Containertechnologie mit neuen Cloud-Diensten möglich. Die einzige Voraussetzung: Die alten Systeme müssen über ein gut dokumentiertes API verfügen. Das wird in der Tat nun von den Anbietern der bisher implementierten Systeme verlangt. Immer lauter. Wer dem nicht nachkommt oder hier zu bremsen versucht, der könnte selbst in Schwierigkeiten kommen.